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Cloud-Fertigung:

„Im Großen denken, im Kleinen beginnen“

Die zunehmende Realisierung und Pilotierung von Konzepten für Industrie 4.0 kann zu einem Katalysator werden, um die Cloud-Technologie auch in der Produktion und Fertigung einen entscheidenden Schritt voranzubringen.

„Aufgrund des Einzugs neuartiger Sensortechnik im Zuge des Megatrends Industrie 4.0 und der damit verbundenen Möglichkeit, Maschinen intelligent zu machen, entstehen sehr schnell gigantische Datenmengen. Diese Massen an Daten müssen intelligent ausge- wertet werden“, erläutert Oliver Stork, Managing Director bei der Unternehmens- und Technologieberatung Accenture. Sowohl Big Data als auch Datenanalyse gehöre für viele Fertigungsunternehmen allerdings nicht zu deren Kernkompetenzen. Stork: „Beides kann man heute über die großen Cloud-Computing- und Cloudplattform-Anbieter relativ einfach und kostengünstig stemmen.“

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Foto: Accenture

Neue Produktionsdaten intelligent auswerten.

Es geht heute bei der weiteren Umsetzung entsprechender Ideen und Konzepte vor allem darum, auf einer geeigneten Plattform – Amazon Web Services, Microsoft Azure, SAP Hana oder Produkte eines ganz anderen Anbieters – relativ einfach Applikationen und Apps zu schaffen, um die vielen neuen Produktionsdaten auszuwerten, weiterzuverarbeiten und damit neue Dinge anzufangen“, verdeutlicht der Accenture-Experte. Nicht zu vernachlässigen sei es in diesem Kontext, „mit der Auswertung und Analyse auch ausgewiesene Spezialisten zu betrauen, die als ‚Data Scientist‘ auch in der Lage sind, in diesen großen Datenmengen bestimmte Muster zu erkennen und daraus Erkenntnisse zu gewinnen, um Dinge effizienter zu tun, Kosten aus der Fertigung herauszunehmen, möglicherweise größere Flexibilität in der Fertigung zu erzeugen“, sagt Stork.

Warum wirkt diese Entwicklung gleichzeitig als Katalysator für die Cloud-Technologie, die bis dato in der Produktion nur in Ansätzen Fuß fassen konnte? Für die Annäherung an diese Fragestellung führt die Unternehmensberatung die bislang am weitesten entwickelten Anwendungsfälle und Konstellationen in diesem Bereich ins Feld: die sogenannten Predictive Maintenance-Ansätze. Stork. „Über die Auswertung von Sensordaten, die in bestimmten Rhythmen ermittelt werden, können frühzeitig spezifische Verschleißzustände an den Maschinen erkannt werden, so dass ein entsprechend frühzeitiges Eingreifen möglich ist, bevor es zu Ausfallsituationen kommt.“

Schlüsselthema: Predictive Maintenance

Vor allem in der Produktion sei eine vorausschauende Wartung das Schlüsselthema, um die immer intelligenter werdenden Maschinen und Anlagen rechtzeitig zu warten und damit den reibungslosen Ablauf sicherzustellen. Stork: „Es geht darum, aus den Sensordaten Rhythmen und Muster über Maschinenzustände, Umweltzustände, Temperaturen oder Luftfeuchtigkeiten abzuleiten. Wenn Sie damit Ausfälle vermeiden können, steckt eine ganze Menge Geld dahinter.“ Der wahre Mehrwert befinde sich dann in der Integration der gesamten „Insight to Action“ Kette, d.h. nicht nur der Analytik, sondern auch des Anstoßes der Folgeaktionen auf Basis einer entsprechenden Integration in die ERP/MES/PLM Architektur mit harmonisierten Datenmodellen, die andersherum auch Daten für die Analytikplattform bereitstellen.

Bei der praxistauglichen Umsetzung des in Deutschland so getauften „Industrie 4.0“-Konzepts ist die heimische Wirtschaft allerdings erst beim „zweiten Schritt eines Anfangstadiums“ angekommen. „Es geht mittlerweile zwar eindeutig über reine Ideen hinaus, und wir sehen sehr konkrete Anwendungsfälle; diese sind aber noch nicht skaliert“, verdeutlicht der Consultant. Das habe auch mit dem Investitionsvolumina zu tun. Einige Großunternehmen wie beispielsweise General Electric oder Siemens gingen sehr stark in diese Richtung und seien dabei, ein entsprechendes Servicemodell aufzubauen. Der deutsche Mittelstand und mittelständisch geprägte Maschinen- und Anlagenbauer hinkten da noch hinterher. Für Stork steht eindeutig fest: „Alle diese Dinge sind in Cloud-Szenarien einfacher und kostengünstiger zu realisieren und vor allem auch zu skalieren als in einem hauseigenen Rechenzentrum.“

Erst pilotieren, später skalieren

Was folgt nun aus dieser fundierten Analyse? Die Technologieberatung Accenture empfiehlt jedem Unternehmen, das heiße Eisen „Cloud Computing – Fertigungsindustrie – Industrie 4.0“ dringend aus der Ideenwerkstatt herauszuholen und zumindest ein Pilotprojekt aufzusetzen; dies könne zunächst mit relativ kleinen Investitionsumfängen geschehen. Dabei gelte es laut Stork, sich dem Thema aus zwei Richtungen anzunähern, nämlich „einerseits erste praktische Erfahrungen im Kleinen zu sammeln und parallel darüber nachzudenken, wie diese Erfahrungen in ein größeres Bild hineinpassen.“ An einer späteren Skalierung allerdings führe auf dem Weg zu Industrie 4.0 kein Weg vorbei.

 

Cloud in Produktion und Fertigung gewinnt an Dynamik

Aufkommende Pilotierungen bei der Umsetzung von Industrie 4.0-Konzepten stehen im Begriff, dem Cloud-Computing-Betriebsmodell auch in der Produktion und Fertigungsindustrie, wo es bislang eher ein Dornröschen-Dasein pflegte, zu einem bislang von vielen Experten für unmöglich gehaltenen Durchbruch zu verhelfen. Dabei liegt der Fokus laut Unternehmensberatung und Outsourcingdienstleister Accenture derzeit noch weniger auf der Ablösung gut funktionierender bestehender ERP-, PPS- oder MES-Systeme auf On-Premise-Basis als darauf, sich auf sinnvolle Cloud-Ergänzungen zur bestehenden IT-Landschaft zu konzentrieren. Accenture-Experte Oliver Stork: „Über gängige Cloudplattformen werden heute neue Fähigkeiten geschaffen, die man so bislang nicht kannte.“

Dabei gilt es in einem ersten Schritt vor allem, Daten zu sammeln, die in der Produktion über Sensoren erfasst werden, technisch sicherzustellen, dass diese Daten in einem vergleichbaren Format vorliegen, und sie anschließend auszuwerten. Spätestens ab diesem Zeitpunkt, so der Accenture-Experte weiter, kommt man nicht mehr um eine leistungsstarke Cloudplattform der gängigen Anbieter herum. Auch muss die entsprechende Analytik hergestellt und in die umliegende IT-Welt integriert werden. Stork: „Mit Cloud-Lösungen sehen wir auch in der Produktion und Fertigung eine Agilität, Skalierbarkeit und Time-to-Market-Verkürzung, wie man sie mit klassisch auf Server installierter On-Premise-Software so nicht hinbekommt.“

Marktfähige Cloud-Lösungen gibt es vor allem auch für die Serien- und Stücklistenfertigung, wo die Ansprüche an die Differenzierung niedriger als in der hoch differenzierten Variantenfertigung sind. Last, but not least geht Accenture davon aus, über Jahre hinweg noch überwiegend Hybridkonstellationen zu sehen. Stork: „Dies wird sich allerdings mit der Zeit auch in der Produktion und Fertigung immer mehr in Richtung Cloud verschieben.“ / H.L.

Veröffentlicht in:  „Produktion“

© Harald Lutz 2016
 


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